4. FASTENSONNTAG

Wieder geht es um eine Begegnung mit Jesus: am letzten Sonntag mit einer Frau beim Brunnen, jetzt mit einem blind Geborenen. Es zeigt sich immer wieder: Die Begegnungen mit Jesus bewirken etwas, können das Leben eines Menschen verändern.

In dieser langen Erzählung über den blind Geborenen (von der wir jetzt nur eine Kurzfassung gehört haben), taucht die Frage auf: „Wer war schuld an dieser Blindheit: der Mann selbst oder seine Eltern?“ Damals war man überzeugt: Krankheit und Leiden waren eine Strafe Gottes wegen begangener Sünden.

Auch heute gibt es Menschen, die so denken. Aber die Antwort von Jesus ist eindeutig: „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, haben Schuld daran, dass er blind ist.“ Ein Mensch wird nicht durch Krankheiten, Unglück oder andere Schicksalsschläge von Gott bestraft. Gott ist kein strafender Gott. „Er lässt ja seine Sonne aufgehen über Guten und Bösen, lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte“ wird woanders gesagt.

Jesus hat viele Menschen geheilt (Taube, Stumme, Lahme, Aussätzige, Blinde). Das wird sogar von seinen schärfsten Gegnern nicht geleugnet. Diese bestreiten nicht die Tatsache der Heilungen, sondern behaupten, dass Jesus diese Heilungsfähigkeit nicht von Gott hat, sondern vom Teufel (Beelzebub). Sie wollen Jesus grundsätzlich nicht akzeptieren und deswegen kann und darf alles, was an Jesus gut zu sein scheint, nicht gut sein. Sie sind verblendet. Sie sind die eigentlich Blinden. Blindheit liegt oft in Vorurteilen, in festgefahrenen Meinungen, im Denken, das keine anderen Sichtweisen zulässt. Es ist Realitätsverweigerung.

Was will uns diese Erzählung sagen? Jesus ist einer, der uns die Augen öffnen kann. Wir sind oft blind für die tiefere Wirklichkeit. Wir bleiben oft an der Oberfläche hängen, weil wir nur das ernst nehmen und gelten lassen, was wir mit den Sinnen wahrnehmen können. Deswegen heißt es im „Kleinen Prinzen“ (in diesem Märchen für Erwachsene): „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar…!“ Uns müssen die inneren Augen (und das Herz) geöffnet werden, damit wir Wesentliches sehen lernen. Jesus will Licht in unsere oft dunkle Welt bringen. Er will uns sehend machen, so dass wir die wahre Bedeutung unserer Welt und unseres Lebens sehen und begreifen können. Menschen, die aus dem Glauben leben, sehen alles in einem anderen Licht.

In diesem Zusammenhang ist mir auch die Aussage eines Theologen aus der Vergangenheit klar geworden: „Ich glaube, damit ich verstehe.“ Die Welt ist ein großes Geheimnis mit vielen Fragen und Dunkelheiten, die oft beängstigend sind. Woher kommt das Ganze? Wozu das Ganze? Wohin führt es uns? Sind wir nur das Produkt eines blinden Schicksals, einer zufälligen Entwicklung? Niemand kann uns darauf eine befriedigende Antwort geben, auch die Wissenschaft nicht.

Eine Antwort, die befreiend ist und alle ängstliche Unsicherheit überwindet, bekomme ich, wenn ich an den Gott glaube, von dem Jesus redet, einen Gott, der es gut mit uns meint. Für diesen Gott will Jesus uns die Augen öffnen. Zu diesem Gott will Jesus uns hinführen. Dadurch bringt er Licht in unsere Welt, in unser Leben. Er gibt uns eine innere Sehkraft, unser Leben neu und anders zu betrachten, bejahend, guten Mutes, voll Lebensfreude und Zuversicht. Jesus erfüllt uns mit Vertrauen, dass alles, was in unserem Leben geschieht, einem größeren Plan und Ziel dient. Leid und Tod haben nicht das letzte Wort, sie sind eine vorübergehende Episode menschlicher Existenz; wir sind von Gott zum Leben in bleibenden Glück berufen. Wenn ich an Jesus glaube, gehen mir die Augen auf.

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